Heute schreibt wieder Madame Huhn einen Gastbeitrag bei mir. Maike berichtet hier im Blog regelmäßig über relevante Themen wie inklusive Sprache oder eben auch, wie es ist, als Familie von Armut betroffen zu sein. Heute schreibt sie darüber, dass Leistungen auch einfach gestrichen werden können.
Ich habe in dieser Woche kindfrei und möchte zu meinem Partner. Kurz bevor ich das Haus verlasse, hole ich zwei Briefe vom Jobcenter aus dem Briefkasten. Erst am Ziel öffne ich sie. Es ist noch schlimmer, als das, was ich befürchtet habe: Nicht nur eine Kürzung, sondern eine vorläufige Streichung aller Leistungen für November. Es ist zwei Tage vor dem Zahltag, auf den ich sehnsüchtig warte, weil mir langsam das Geld ausgeht. Zu Beginn des neuen Monats sind Miete und Studienkredit fällig. Den Kauf von Winterschuhen für mein Kind habe ich schon in den November geschoben, genauso wie die Zuzahlung zu den orthopädischen Einlagen.
Gerade mal zwei Tage, bevor der dringend benötigte Betrag eintreffen soll, erreicht mich dieser Bescheid. Die Angst davor, Leistungen anscheinend willkürlich gekürzt oder gestrichen zu bekommen, hat mir in der Vergangenheit schon oft zugesetzt. Auch aus diesem Grund öffne ich ungern den Briefkasten.
Gedankenkarussell
Verdammt, das darf nicht wahr sein. Ich hab im ersten Moment keine Ahnung, was ich machen soll. Dann beginnt das Gehirn, zu rattern: Am Montag wechselt das Kind wieder zu mir, im Portemonaie befinden sich gerade mal 25€, auf dem Konto sind vielleicht noch geradeso 100€, von denen nicht mal die Rate für den Kredit beglichen werden kann. Wie soll ich denn jetzt meine Miete zahlen? Ohne Dispo am Konto kann ich nicht mal mehr einkaufen gehen. Ich selber kann vielleicht auf eine Mahlzeit verzichten, insgesamt weniger essen – aber das kann ich doch meinem Kind nicht zumuten!

Der Boden der Tatsachen
Armut betraf aus meiner Sicht immer nur die anderen. Der Armutsfalle kann ich entfliehen, wenn ich was studiert habe, denn ein Studium schützt mich ja davor, arbeitslos zu sein. Als Akademikerin habe ich bessere Chancen auf ein besseres Leben. Diese Illusion prägte lange meinen Blick auf die Armut.
Ich habe mir Erwachsensein und auch Mutterschaft ganz anders vorgestellt, als um jeden Cent zu feilschen und irgendwann den Briefkasten nicht mehr zu öffnen, aus Angst, mir wird wieder Geld gestrichen. Selbst ein positiver Bescheid für ein ganzes Jahr gibt mir keine Sicherheit mehr.
Neuberechnung der Leistungen im Handumdrehen
Vor einer Woche habe ich einen kleinen Zuverdienst im Online-Portal des Jobcenters angegeben, ausdrücklich als Minijob bezeichnet. Über zwei Monate wollte ich ein bisschen Geld dazu verdienen, davon darf ich ohnehin schon nicht alles behalten. Alles, was über 100€ Zuverdienst liegt, wird nämlich verrechnet. Zwei Tage nach meiner Einreichung erging der Bescheid, 5 Tage später ist er erst bei mir. So schnell gehen wirklich nur Kürzungen oder Rückforderungen. Wenn ich meine Unterlagen jetzt postwendend einreiche, muss ich trotzdem bis zu vier Wochen auf das Geld warten. Geld, dass ich dringend jetzt gleich bräuchte.

Der kleine, aber feine Unterschied
Ich kann noch von Glück sagen, dass ich ein liebes Umfeld habe – Mein Kind wird nicht verhungern, aber die Notreserve ist furchtbar klein. Ich möchte nicht entscheiden müssen, ob ich meinem Kind frisches Essen kaufe ODER ein Dach über dem Kopf sicher habe. Der Vater des Kindes kümmert sich mit gleichem Zeitanteil um unser Kind, es hat also auf jeden Fall bis Montag auch eine gut gefüllte Brotdose.
Allerdings kommt der aktuelle Wachstumsschub noch zu meiner Rechnung, die oben erwähnten Winterschuhe und auch die Einlagen. Jeder Cent meiner Sozialleistungen ist bereits verplant, bevor er eintrifft. Es gibt bei uns keine Extras. Dieses Klischee von Menschen, die „alles vom Staat bezahlt bekommen“, ist ein modernes Märchen, das keiner Prüfung standhält. Sozialleistungen sind extrem knapp bemessen, für Lebensmittel sind pro Tag für einen Erwachsenen zum Beispiel nur 4,12€ vorgesehen. Zum Vergleich: Der nächstgelegene Imbiss bietet Döner für 4,50€ an.
Zugesagte Leistungen sind nicht sicher
Ich überfliege das Schreiben zum wiederholten Mal. Wie kann das sein, dass mir auf einen Schlag ein ganzer Monatsbetrag gestrichen werden darf? In den zitierten Gesetzestexten finde ich die Antwort schwarz auf weiß. Weil ein Einkommen zu erwarten ist, darf mir vorsorglich die komplette Leistung gestrichen werden.
So langsam werde ich richtig wütend: Wenn ich angebe, dass ich einen Minijob aufgenommen habe, kann ich maximal 900€ in zwei Monaten dazu verdienen. Regulär wird mir davon dann aber ein Großteil wieder gestrichen, weshalb ich und vermutlich auch viele andere, weit unter den 450€ bleiben. Und selbst wenn ich wirklich 900€ erwirtschaftet hätte, liegt der Bedarf für mein Kind und mich auch von Amtsseite darüber. Aus den Unterlagen müsste also klar sein, dass die Rechnung nicht aufgeht. Tatsächlich verdient habe ich sogar nur 180€, was meinen Puffer für November umso kleiner macht.
Etwas ruhiger rufe ich beim Servicecenter an, und erfahre auch da, dass es keinen Einfluss auf die Streichung hat, wenn rein von der Logik her der Minijob die Sozialleistungen nicht ersetzt.

Gewöhnung an Druck und Schikane, wenn man Leistungen vom Jobcenter bezieht
Das schlimmste an diesem Vorfall ist eigentlich, dass es mich nicht mal mehr wundert. Nach allen bisherigen Erfahrungen geht es bei Sozialleistungen nicht um Logik. Es geht nicht um den tatsächlichen, sondern nur den vorgeschriebenen Bedarf. Es geht auch an keiner Stelle darum, dass wenigstens der Anteil für mein Kind überwiesen wird. Wenn ich Geld dazu verdiene, kann auch meinem Kind die Leistung gestrichen werden, und da überkommt mich dann ohnmächtige Wut. Ich werde zur Löwenmama, wenn mein Kind darunter leiden soll, und ihm die Lebensgrundlage gestrichen wird.
Trotz Studienabschluss und gutem Netzwerk, ist eine neue Anstellung nicht sofort und auch nicht immer langfristig zu finden. Oft sind es befristete Stellen, oder welche mit geringem Stundenumfang, mit deren Entgelt ich nicht ganz aus der Armut herauskomme. Plötzliche Streichungen der Leistungen, wie jetzt gerade, kosten mich viel Kraft, die ich lieber in neue Bewerbungen stecken möchte.
Warum nicht einfach nach Hilfe fragen?
Die Frage nach Hilfe verlangt unglaublich viel Überwindung. Oft frage ich mich, was ich meinem Gegenüber zum Ausgleich für Hilfe anbieten kann, und viel ist das nicht.
Ein Leben in Armut ist ein Leben voller provisorischer Lösungen. Die Liste für Dinge, die man „irgendwann, wenn mal Geld übrig ist“ ersetzen oder reparieren will, wird immer länger.
Einzelne Hilfen ändern auch nichts am gesamten Problem, und es fehlt auch die menschliche Anerkennung von Sozialhilfeempfänger*innen als Teil der Gesellschaft. Armut, das sind immer die anderen. Das erhöht den Druck auf Betroffene, sich diesen Platz in der Gesellschaft zu „verdienen“. Wer nämlich kein Gehalt bekommt, also keinen Gegenwert für Zeit und Tätigkeit, erlebt in Deutschland eine weitläufige Ausgrenzung.
Oben und Unten
Sozialleistungen sind auf Dauer eine immer knapper werdende Rechnung. Sie orientieren sich noch nicht mal an der Inflation oder anderen wirtschaftlichen Größen, wie dem Durchschnittslohn. Diäten im Bundestag dagegen sind an das Wachstum des Durchschnittslohns in Deutschland gekoppelt, und das macht den Unterschied zwischen ganz oben und ganz unten so richtig finster. Erst Recht dann, wenn Abgeordnete bis zu 100.000€ dazu verdienen, Sozialleistungsempfänger*innen aber nicht mal die vollen 450€ eines Minijobs behalten dürfen. Das Ungleichgewicht wird auch deutlich, wenn wir an 2018 denken:
Mit einem Kostenaufwand von 60 Millionen Euro wurden Kleinstbeträge von bis zu 50€ pro Vorgang zurückgefordert, was lediglich 18 Millionen Euro einbrachte. Diese offensichtliche Defizitrechnung und viele andere Vorgänge erwecken den Eindruck, es ginge nur ums Prinzip. Währenddessen sehen wir CumEx und andere Finanzskandale in Milliardenhöhe in Vergessenheit geraten.
Arme Familien zählen nichts
Als Familie, erst recht als Familie in Armut, sind wir aber politisch und wirtschaftlich nicht relevant. Für uns gibt es keine Lobby. Für uns gibt es auch während der Pandemie noch weniger Schutz, weil die Kosten für die Masken von einem Gericht als „zumutbar“ eingestuft wurden und uns die Politik ins Gesicht lacht, mit einer Präsenzpflicht für Maßnahmen vom Jobcenter und der Ablehnung einer Erhöhung der Sozialleistungen im Zuge der Pandemie. Unsere Mehrkosten interessieren keinen, schließlich haben wir ja während der Pandemie auch keine Ausgaben für die Kultur. Dass wir ohnehin selten an Kulturveranstaltungen teilnehmen können, weil diese oft außerhalb des knappen Budgets liegen, wäre aber schon wieder viel zu logisch für diese Rechnung durch Nicht-Betroffene. Es ist bitter, wie landläufig Druck auf Armutsbetroffene hingenommen wird. Gerade auch dann, wenn es Kinder betrifft.
Danke, Maike, für Deine Einblicke und die Perspektive, die man in privilegierter Position kaum erahnt. Jedenfalls war mein erster Gedanke auch „das können die doch nicht machen?“ und der zweite war „Scheiße“. Denn hier geht es um die Grundbedürfnisse einer Familie: Wohnen und Essen. Nicht um Luxusgüter und „einfach mal auf Essen gehen verzichten“.
Kurze Anmerkung am 6.11., Kommentare, die die Gastautorin Maike beleidigen oder die ganz offensichtlich den Artikel nicht gelesen haben und unverschämte Unterstellungen von sich geben, gebe ich nicht frei. Bitte bleibt fair und lest den Artikel richtig, bevor Ihr kommentiert. Es gibt leider einige wenige Ausnahmen, die da ausfallend werden möchten. Nachfragen sind natürlich erlaubt. Aber persönlichen Angriffen setze ich meine Gastautorin nicht aus.
Kann man Maike und ihrer Tochter eine Freude machen? Ihr vielleicht einfach ein Päckchen schicken? Wie alt ist die Tochter denn?
VG Anni
Das ist total lieb, sie hat ein Umfeld. Wir haben darüber gesprochen. Fast überall sind Familien von Armut betroffen, viele sagen es aber nicht laut. Vielleicht im KiGa oder in der Schule mal fragen, ob Ihr (ggf. anonym) helfen könnt?
Liebe Anni,
Das ist grundsätzlich ein toller Gedanke von dir. Aber m.E. müsste eine solche Unterstützung theoretisch beim Jobcenter angeben, weil die Unterstützung als sonstiges Einkommen gegen den Regelsatz angerechnet wird.
Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass man als normaler Bürger gar nicht so verdreht denken kann, wie die Bürokratie in der Institution des Jobcenters.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
Genau der gleiche Gedanke, wie beim oberen Kommentar :
Wie kann ich Maike und ihrer Tochter helfen?
Evtl ein Paket oder eine Empfehlung zum Rechtsanwalt/Beratung?
Das ist ein total liebes Angebot, sie braucht akut keine Hilfe, bedankt sich aber für so viele Reaktionen. Wir haben gemeinsam überlegt, überall sind Familien von Armut betroffen, grade jetzt zum Winter sind teure Anschaffungen nötig. Vielleicht fragt mal bei Euch im KiGa oder in der Schule, ob da jemand (ggf. anonym) Hilfe benötigt. Meine Mutter hat beispielsweise mal für ein Kind Mütze und Loop genäht und wir haben es über eine andere Person anonym zukommen lassen. Oder einfach mit der Lehrkraft sprechen, ob man Stifte, Hefte etc. mitgeben kann, die die Lehrkraft dann nach Bedarf verteilt.
Sowohl im Kindergarten, als auch in der Gemeinde und bei befreundeten Familien und deren Umkreis sind wir aktiv.
Schön wenn ihr Netzwerk funktioniert!
Das ist so schön zu lesen!
Es sind nicht nur die Streichungen, auch die unberechtigten Rückforderungen… Es ist eine Überwindung, überhaupt um Hilfe zu bitten (zu beantragen), gerade wenn man in 2 Monaten einen Job in Aussicht hat und dann fordert das Amt die Leistung für den gesamten Bezugszeitraum zurück, weil es ein Job, 2€ über Mindestlohn ist und es somit angeblich genug sei, um vorher! nicht auf Leistungen angewiesen sein zu müssen.
Ja, ich verstehe dich total. Briefe vom JC gehen mittlerweile direkt an den Anwalt und ich hoffe, nie wieder dort anklopfen zu müssen!
Es ist so traurig, wie mit jemandem umgegangen wird, der Hilfe benötigt.
Kopf hoch, irgendwann kommst du auch da raus!
Liebe Maike,
bin gerade hin- und hergerissen.
Zwischen Mutterherz und vielen Fragezeichen in meinem Kopf. Bin selbst alleinerziehend seit fast 7 Jahren…ich habe nicht studiert und arbeite seit ich 16 bin …
Erzähle doch mal warum du keine Teilzeitstelle hast – mich würde das ernsthaft interessieren.
Wo wohnst du? Gibt es da keine freien Arbeitsstellen?
Ich arbeite zB mit 68 % und es läuft soweit alles rund – auch ohne Geld vom Vater…♀️
Heutzutage sind fast alle Stellen erstmal befristet – die AG wollen halt sehen, wer der neue MA ist und wie er arbeitet. Eine spätere Kündigung einer Mutter mit Kind ist ja so gut wie unmöglich – muss man ja auch verstehen…
Hallo, das tut mir so leid es zu lesen. Ich kenne Armut, wenn am Ende des Monats kein Geld für Lebensmittel mehr über ist… Mein erster Gedanke war auch, etwas Schönes für das Kind zu spenden, wie Kleidung/ Spielzeug / Bücher..
Ich kenne dieses Problem nur allzu gut. Ich bekomme von meinem Noch-Mann Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt für ein Kind. Das sind 900€. Letztes Jahr musste ich ALG II beantragen. Damit kamen wir auch relativ gut hin (Kindergeld behalte ich komplett). Hier und da war es tatsächlich eng…sobald es um neue Kleidung ging (kaufe sehr viel über Vinted um Geld zu sparen). Oft hat meine Mama uns ausgeholfen (was jetzt auch nicht mehr geht da sie nur noch Rente bekommt). Dann hatte ich eine 450€ Stelle und ALG II abgemeldet und stattdessen Wohngeld beantragt und zusätzlich OGS Übernahme und vom Essensgeld. Damit war die Versorgung meiner Tochter safe was Priorität hatte. Dann war die 450€ Stelle wieder weg und wieder ALG II beantragt. Da hab ich über Monate nicht’s gefunden an Arbeit und mir wurde dann gesagt, ich solle den Kinderzuschlag beantragen (inzwischen wurde Wohngeld neu berechnet und ALG II ist sehr niedrig ausgefallen), da würde ich mehr bekommen als bei ALG II. Ist es wirklich Mist wenn man die ganze Zeit gucken muss woher und wie man am besten Geld bekommt für den Lebensunterhalt. Ich habe eine abgeschlossene Ausbildung, mehrere Weiterbildungen und alles…aber nie vernünftig Arbeit gefunden. Das war auch einer der Gründe warum mein Mann gegangen ist. Er wollte nicht mehr für alles alleine aufkommen und ich (in seinen Augen) gammel nur noch rum. Inz hab ich per Zufall über die Nachbarin meiner Mama einen Job gefunden der auch relativ gut bezahlt wird. Da bin ich jetzt seid Ende August. Mein Chef sagt, die Kinder haben absolute Priorität und ich soll gucken das ich immer pünktlich Feierabend mache das ich zu Hause bin wenn meine Tochter aus der Schule kommt. Ist zwar nicht mein Traumjob, aber mein Kind hat Priorität und es gibt Geld. Bin etwa bei 1800€ brutto.
Ich drücke dir sehr die Daumen das du es auch schaffst aus diesem Teufelskreis heraus zu kommen. Und jeder der sagt: wer arbeiten will findet auch welche, war nie alleinerziehend und in dieser Situation (als mein Mann noch da war, hat er Montage gemacht, war quasi für mich auch wie alleinerziehend). Es ist immer einfacher gesagt als getan.
Ich kann das alles so gut verstehen. All das Zittern und Bangen, das ja nichts schiefgeht, Monat für Monat. Die Ohnmacht, die Wut und das Unverständnis für völlig unlogische, oft auch willkürliche Entscheidungen und Kürzungen.
Ich habe meine beiden Kinder alleine großgezogen mit Harz IV, ohne einen Cent Unterhalt vom Vater, habe mich mit Mini- und 450 € Jobs durchgehangelt. Habe meiner jüngeren Tochter den Rücken freigehalten als sie Abitur machte und alle halbe Jahr die Einladungen für sie vom Jobcenter kamen, um sich über ihre berufliche Zukunft zu unterhalten, jedesmal brachte ich eine Schulbescheinigung ihrer Schule mit, um nachzuweisen, das sie tatsächlich die Schulbank drückt statt Hartz IV konform auf dem Sofa rumzuchillen. Der Tenor dieser „Unterhaltungen“ war jedesmal “ Ihr Kind soll sich eine Arbeit suchen“. Ja, eine Arbeit hat sie sich sofort gesucht nach Abschluß ihrer Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistentin mit Fachabitur. Da kamen dann auch monatelang Briefe für meine Tochter vom Jobcenter, Arbeitsvertrag, Mietvertrag und Gehaltsabrechnungen vorlegen, Einladungen zu Gesprächen über ihre berufliche Zukunft, die durch Arbeitsaufnahme schon längst in trockenen Tüchern war. Jedesmal mit Sanktionsandrohungen obwohl sie zu dem Zeitpunkt bereits monatelang arbeitete und aus dem Hartz IV Bezug raus war, total irre. Und ich hatte wieder stellvertretend für meine Tochter die Rennerei. Schließlich konnte sie nicht ständig während der Probezeit 70 km zu ihrem Heimatort fahren, um beim Jobcenter völlig unsinnige Gespräche über eine berufliche Zukunft, die durch Arbeitsaufnahme bereits vom Tisch war.
Mittlerweile studiert meine Kleine Psychologie neben ihrer Arbeit, soviel mal zum Thema bildungsferne Hartzis… 😉
Meine ältere Tochter hat ebenfalls eine Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistentin gemacht, hat ein vierwöchiges Berufspraktikum über das Goethe Institut in Finnland gemacht. Für dieses Praktikum gab es nur vier Plätze, Bedingung war, das man in Englisch Leistungsträgerin ist und das war sie. Meine Töchter sprechen und schreiben ebenso wie ich Englisch so gut wie Deutsch und das als bildungsferne Hartzis 😉
Ich bin froh, das ich endlich aus dem Hartz IV Bezug raus bin dank einer kleinen Erbschaft, die es mir ermöglichte mich selbstständig zu machen. Anders wäre ich nie aus diesem Armutskreislauf herausgekommen. Hartz IV wird ja als „Fördern und Fordern“ verkauft, gefordert wird viel, gefördert….da schweigen wir mal besser drüber.
Ich arbeite in einer Beratungsstelle und habe daher beruflich viel mit dem Jobcenter zu tun. Ich kenne diese Streichungen daher mittelbar auch. Ich rate meinen Klientinnen daher solche Meldungen niemals mitten im Monat abzuschicken sondern immer ganz kurz vor Monatsende, wenn das Geld schon angewiesen wurde. Selbst wenn dann die Streichung kommt, ist das bis Ende des nächsten Monats meistens behoben.
Prinzipiell stimme ich Maike zu, der Umgang des Jobcenters mit Einkommen ist unmöglich. Sobald ein Einkommen vorliegt, wird es wahnsinnig kompliziert mit ständigen Rückforderung, Zahlungseinstellungen etc…