Werbung ohne Auftrag* Warnung, lang, ich rege mich ein wenig auf. Alle Eltern waren irgendwann mal kinderlos, man saß in Cafés, ist in den Urlaub geflogen, hat in Hotels übernachtet und ist Abends essen gegangen. Mit dem Kind verändert sich vieles, aber wenige wollen (dauerhaft) auf die Dinge verzichten, die sie sonst im Alltag und in der Freizeit so gemacht haben. Es gibt natürlich theoretisch die Option von Babysittern oder betreuenden Großeltern, Freunden oder Nachbarn. Praktisch geht das nicht immer. Also sitzt man mit seinem Kind im Restaurant.
Natürlich unterscheiden sich auch hier wieder diverse Szenarien, man konnte selbst ein kindgerechteres Lokal aussuchen oder wurde eingeladen (gern von älteren Verwandten), man hat ein Kind oder drei und das Alter des Kinds spielt auch eine Rolle. Dazu kommt die Persönlichkeit des Kinds, manche Kinder sind einfach ruhig und andere etwas ausdrucksstärker (lies: laut).
In Ruhe Essen
Ich kann prinzipiell verstehen, dass man in (relativer) Ruhe essen möchte. Zunächst aber das, was mir auffällt: sind denn nur Kinder laut? Was ist mit der Gruppe, die einen Junggesellenabschied feiert? Den Kollegen, die etwas feiern? Den älteren Herrschaften in großer geselliger Runde? Die dürfen alle laut reden und lachen. Ein Kind aber aus Sicht vieler Leute nicht. Es gibt Menschen, die sich schon gestört fühlen, wenn ein Kind laut lacht.
Auch Eltern möchten im Normalfall ein entspanntes und halbwegs „ruhiges“ Essen haben und ihr Essen und Gespräche genießen. Da lauert aber die nächste Falle.
Das Handy am Tisch
Kinder sind ganz unterschiedlich und es kommt auf das Alter und die anwesende Anzahl an: manche Kinder malen gern (aber wehe, sie bemalen die weiße Tischdecke mit) oder lesen leise Bücher. Unsere Kinder haben im Kleinkindalter zwar gerne Bücher geschaut, die aber genauso gern laut kommentiert (was dann bei einer kirchlichen Trauung zu Butterkeksen führte, mit Keks im Mund waren sie leiser, denn man muss dem Sitznachbarn doch vom tollen Bagger erzählen!).
Viele Eltern greifen daher zu elektronischer Unterhaltung, das Kind darf im Restaurant auf einem Handy oder Tablet spielen oder eine Sendung schauen. AUFSCHREI! Die bösen Eltern „stellen das Kind ruhig“. Solche Kommentare in den Social Media haben mich übrigens auf die Idee dieses Beitrags gebracht. Und ja, ich rege mich auf.
Elektronische Geräte: verpönt im Restaurant
Also, ein Kind sollte man in der Öffentlichkeit offenbar möglichst überhaupt nicht hören können, laute Gespräche führen und Lachen dürfen nur Erwachsene. Aber womit sich dieses lautlose Kind beschäftigen darf, ist ebenfalls von den sich gestört fühlenden Leuten reglementiert. Ein Buch ist erlaubt, alles, was digital oder überhaupt elektronisch ist, nicht (wir erinnern uns an den Gameboy in den 90ern).
Miteinander und Rücksichtnahme
Meine Kinder „dürfen“ auch nicht alles. Natürlich nicht. Wir leben mit anderen Menschen zusammen und an Orten wie dem Restaurant oder Café sind wir auf gegenseitige Rücksichtnahme angewiesen. Da sollen die Kinder nicht wie auf dem Spielplatz spielen, rennen und das Personal anrempeln. Aber ich erwarte, dass die Regeln und das Miteinander für alle gilt. Wenn sich Erwachsene laut unterhalten dürfen, warum nicht mein Kind?
Neulich ging das „Verbot“ von Kindern in einem Restaurant ab 17 Uhr durch die Medien. Mich störte persönlich besonders die Wortwahl. Gilt das auch für erwachsene Gäste dort, dass sie „artig auf ihrem Arsch sitzen“ (deren Worte) müssen? Oder gelten für kleine Menschen andere Regeln? Dürfen Erwachsene dort denn laut lachen?
Mit anderen Menschen in engem Kontakt
Wir leben nicht alleine in dieser Welt. Rücksichtnahme ist eigentlich immer ein Thema. Wenn wir mit dem Zug oder Flugzeug verreisen, versuche ich auf jeden Fall, die Kinder zu beschäftigen, dass sie nicht zu laut sind. Dazu kann aber eben auch gehören, dass sie mit Kopfhörern ein Hörspiel hören oder auf dem Tablet etwas spielen oder eine Kindersendung schauen. Aber sie werden trotzdem auch mal lauter.
Bei Babys und Kleinkindern lässt sich auch generell nicht vermeiden, dass sie mal Weinen oder Schreien. Wie sollen sie sich anders ausdrücken und fremde Situationen können auch für das Kind stressig sein.
Wo halte ich mich auf?
Für mich macht es auch einen Unterschied, wo ich mich mit den Kindern aufhalte. Bin ich im schicken 5-Sterne-Restaurant oder gehe ich in die Pizzeria, wo sowieso eine größere Lautstärke und Fröhlichkeit herrscht? Im Zug buche ich auch nicht den Ruhewaggon.
Die absurdeste Situation hatten wir vor vielen Jahren in einem Fastfood Restaurant. Ich verteufel kein Fastfood, aber oft sind wir dort auch nicht. Daher freute sich der Große (da etwa 4) sehr und seine baumelnden Beinchen stiessen gegen die Sitzbank. Es lief sehr laut Radio und eine größere Gruppe von Jugendlichen lachte und blödelte in der Nähe. Eben ein Burgerlokal, laut und unruhig. Plötzlich drehte sich eine Frau um, meckerte unseren Sohn an, ihr Sohn mache HAUSAUFGABEN und er solle da ruhiger sitzen, er störe und sei zu laut. Ich war platt. Weder wurde das Personal aufgefordert, die Musik leiser zu drehen, noch traute sie sich an die Jugendlichen. Aber unser Kind war zu laut.
Was sollen Eltern also tun?
Es gibt Kinder, die von sich aus einfach ruhig sind, besonders, wenn ein Kind alleine mit Erwachsenen unterwegs sind. Entgegen der Annahmen einiger Eltern, die diese Kinder „dressiert“ finden, gibt es solche Kinder wirklich. Menschen sind unterschiedlich. Manches ist Erziehung oder Übung, mit zunehmendem Alter steigt bei Kindern meistens das Bewusstsein, dass es auch andere Menschen gibt und das Verständnis für Regeln.
Dennoch, wenn man Kommentare von Leuten hört oder liest, kann man es nur falsch machen, wenn das eigene Kind keine Stummschaltfunktion hat. Ist das Kind laut, haben die Eltern versagt. Spielt das Kind mit irgendwas Elektronischem, haben die Eltern versagt. Ist das Kind überhaupt irgendwie wahrnehmbar, haben die Eltern versagt. Wie kann man es auch wagen, mit dem Kind ins Café oder Essen zu gehen oder zu Reisen?
Natürlich hat alles Grenzen
Auch als Mutter sehe ich natürlich, dass es andere Eltern gibt, die der Meinung sind, die Freiheit ihres Kinds sei durch nichts und niemanden zu begrenzen. Dann läuft das Kind eben vor die Bedienung, dass ein Tablett runter fällt. Oder das Kind marschiert ungehindert in die Küche. Babys weinen und schreien. Aber irgendwann wäre auch für mich der Punkt erreicht, wo ich mindestens den Raum verlasse oder hastig noch etwas esse und dann leider gehe.
Unschön fand ich auch, als ich Hochzeitsgast war und Eltern ihrem Kind roten Traubensaft in die Flasche gefüllt hatten und das Kind damit über die Hochzeit lief. Unbemerkt hat es irgendwie Traubensaft an meine Tasche verschmiert und von da kam die Farbe an mein Kleid. Das Kleid war danach hin. Wenn das Kind nur diesen Saft trinkt, warum kann es den nicht an seinem Platz trinken?
Können wir nicht alle Rücksicht nehmen?
Das Schönste wäre doch, wenn wir alle ein bißchen Rücksicht nehmen und Andere und ihre Situation sehen? Ein Kind ist ein etwas kleinerer Mensch, der sich auch mitteilt. Kinder lachen und reden wie wir auch. Als Eltern kann man aber ein bißchen versuchen, Ort und Zeit zu steuern. Wenn Eltern ihr Handy als Kind-Bespaßung einsetzen, ist das ihr gutes Recht. Ob sie das für die anderen Anwesenden tun oder weil sie eben auch mal ein ruhiges Gespräch führen wollen, was solls?
Nebenbei, wie sollen Kinder das „übliche“ Verhalten in der Öffentlichkeit und gegenseitige (!) Rücksichtnahme lernen, wenn sich die Eltern jahrelang verstecken sollen?
Wie seht Ihr das? Raus gehen mit Kindern? Wie sieht es bei Euch aus mit Essen gehen und im Café einen Kaffee trinken?
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