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Zeugnisse zu Coronazeit – ich finde Notenvergabe unfair

Diese Woche stehen in NRW die Zeugnisvergaben an. Der Mittlere ist in der 2. Klasse und bekommt ohnehin ein Textzeugnis. Der Große in der 5. Klasse des Gymnasiums bekommt aber regulär ein Zeugnis. Seit Mitte März hatten die Kinder keinen normalen Präsenzunterricht. Nun sollen aber Zeugnisse mit Notenvergabe vergeben werden?

Homeschool und eLearning

Das Gymnasium des Großen ist wunderbar mit den Schulschließungen umgegangen. Denn die kamen noch schneller als erwartet. Auch sonst wurden schon in einigen Fächern vorher Apps und Lernplattformen eingesetzt. Als die Schulen dann geschlossen waren, wurde der Unterricht komplett zur digitalen Schule.

Die Vorgabe war etwa 3 Zeitstunden Schule pro Tag, Aufgaben wurden in das Portal gestellt. Außerdem gab es Anleitungen per YouTube, wie das System funktioniert. Die Aufgaben fand ich sehr überlegt und gut gestellt, denn sie konnten ausnahmslos alleine bearbeitet werden. Generell waren aber alle LehrerInnen auch per Mail erreichbar und reagierten ganz schnell auf Rückfragen.

Das System wurde immer weiter optimiert über die Wochen. Dazu kam Live-Unterricht per YouTube und dann über das Schulportal als Videokonferenz. Alle Aufgaben hatten klare Deadlines und fast immer gab es Feedback und/oder Musterlösungen. Die Klassenlehrerteams riefen regelmäßig an und die Kinder bekamen für Notfälle die Handynummern der LehrerInnen. Wir sind wirklich begeistert und dankbar.

Der Große macht jeden Tag seine Aufgaben – seit März

Unterschiedliche Vorraussetzungen – fehlende Chancengleichheit

Obwohl das Gymnasium tollen digitalen Unterricht in der Homeschool bot und auch „internetfähige Endgeräte“ verliehen hat, waren aber die Chancen nicht gleich. Wir sind da ziemlich privilegiert. Der Große hat einen sehr gut ausgestatteten PC. Den hat er dank Opa, der ihm den ein halbes Jahr vor Schulbeginn am Gymnasium zusammengestellt hat. Dazu hat der Große (selbst erspart) ein iPad und ebenfalls vom Opa einen (älteren) Laptop. Wir haben Internet und Bücher zum Nachlesen. Ein großer Faktor ist auch, dass wir Eltern beide im Homeoffice sind und beide deutsche Muttersprachler und dank Studium eben auch fachlich nicht ganz inkompetent sind.

Manche Kinder waren in der Zeit auf sich gestellt und an technischer Ausstattung oder teilweise auch Internetanschluss fehlte es. Selbst, wenn diese SchülerInnen wollten, hätten sie nicht dieselben Möglichkeiten. Mein Eindruck ist dennoch, dass auch in der Klasse des Großen die meisten Kinder privilegiert leben, also nicht den Schnitt der Schüler abbilden.

Alleine arbeiten oder mit Hilfe oder eben gar nicht

Unser Großer ist ziemlich diszipliniert. Er setzte sich jeden Tag an seine Schulsachen und das unaufgefordert. Die verschiedenen Abgabedaten hatte er gut im Blick. Die LehrerInnen haben aber auch generell angemessene Fristen gesetzt und als er einmal einen LogIn zu spät hatte, hat er per Mail um Verlängerung gebeten. Auch bei Rückfragen (Informatik…) kam immer schnell Hilfe des Lehrers.

Wo sonst die digitale Schule des Großen stattfindet, Leere wegen einzelnen Präsenztagen

Aber ist das unbedingt bei allen so gegeben? Manche Familien haben nur einen PC und an dem müssen dann eventuell mehrere Kinder gleichzeitig arbeiten und auch die Eltern. Oder alles muss am Handy erledigt werden. Das wäre machbar, ist aber aufwändiger und anstrengender. Von sehr vielen Eltern höre ich, dass sie Unmengen Ausdrucken mussten. Bei uns war das für die Grundschule (offline) so, die Aufgaben fürs Gymnasium sind alle digital gewesen bzw. in einem Fach haben wir 4 Blätter ausgedruckt. Auch das war durchdacht.

Benotung für Aufgaben?

Der Große hat komplett alleine gearbeitet, da die Aufgaben wirklich gut gestellt waren. Aber für Dinge wie Rechtschreibung kontrollieren hat er mich gefragt. Das ist nämlich nicht seine Stärke. Ich habe aber nie inhaltlich korrigiert oder Aufgaben erledigt. Dennoch wissen die LehrerInnen aktuell nicht, ob das Kind selbständig gearbeitet hat. Vielleicht hat ein älteres Geschwisterkind die Aufgaben erledigt oder die Eltern oder es wurden Lösungen ergoogelt.

Im normalen Präsenzunterricht haben LehrerInnen immer auch einen direkten Eindruck. Da merken sie schon, ob die Leistung und das Wissen im Unterricht und in Arbeiten und Tests zu den Hausaufgaben passen.

Der Große hat auch in Sankt Peter Ording Videokonferenz

Lücken auffüllen

Unser Großer hat die erste und einzige Englischarbeit dieses Halbjahrs in den Sand gesetzt. Vorher waren wir ein wenig uneinig, wieviel man für Englisch lernen muss. Er hat also die gewonnene Zeit genutzt und wirklich gelernt und geübt. Auch da ist natürlich wieder ein Privileg, dass ich Englisch mal studiert habe und entsprechend helfen kann. Ich konnte zusehen, wie er Aufgaben immer besser löste. Seine Englischarbeiten habe ich kopiert und sie ihn noch einmal schreiben lassen. Die Punktzahl hätte sich verdoppelt. Die abgegebenen Aufgaben wurden daher deutlich besser als das, was er vorher in der Schule jeweils gezeigt hat. Rein theoretisch hätte seine Lehrerin natürlich nun auch vermuten können, dass er die Aufgaben nicht selbst gelöst hat.

An der Rezension arbeiten

Notenvergabe in NRW

Nun stehen die Zeugnisse an und damit die Noten. In den Schulbriefen und auf den Seiten des Ministeriums steht, dass

Für die Phase der Wiederaufnahme des Unterrichtsbetriebs wurde inzwischen geregelt, dass gute Leistungen, die während des Lernens auf Distanz erbracht worden sind und noch erbracht werden, auch zur Kenntnis genommen werden und in die Abschlussnote im Rahmen der Sonstigen Leistungen im Unterricht (also in die „Somi-Noten“) miteinfließen können.

Schulministerium NRW

Nicht erbrachte oder nicht ausreichende Leistungen würden keinen Einfluss haben. Den Punkt finde ich grundsätzlich richtig, da eben nicht alle Kinder die gleichen Möglichkeiten hatten und haben.

Ich finde die Vergabe der Noten nicht immer fair

Nun gibt es aber dennoch Zeugnisse mit Noten. Ein Kind, das nun 3 Monate nichts gemacht hat, bekommt die Note aus den Leistungen davor. Aber Kinder, die 3 Monate gelernt, geübt und alles gut abgegeben hat, ebenfalls. Einige LehrerInnen haben die guten Leistungen der Homeschool in der Notenvergabe berücksichtigt. So konnte der Große seine Englisch-Zeugnisnote retten.

Engagement wird aber eben nicht immer belohnt. In einem Fach bekommt er die Note des 1. Halbjahrs. Das Feedback auf alle abgegebenen Aufgaben klang immer sehr positiv. Eine 3 ist nie eine schlechte Note, aber er hat sich extra viel Mühe gegeben, um eine 2 zu erreichen und nun gibt es die Note von vorher, als hätte er 3 Monate „Ferien“ gemacht?

Am Beispiel erklärt

Bei Twitter wurde mir „Notendruck“ vorgeworfen. Dabei geht es nicht um die Note. Würde die Erklärung lauten, dass seine abgegebenen Aufgaben zu kurz oder nicht gut genug waren, hätte er Verständnis für die Note. Er ist aber nun enttäuscht.

Angenommen, Ihr hättet eine Prüfung gemacht. Diese ist okay gelaufen. Aber Ihr habt danach für die anstehende zweite Prüfung richtig gelernt und geübt. Die Prüfung läuft so, dass Euer Bauchgefühl sagt, es sei richtig gut. Die Prüferin gibt während der Prüfung das Feedback, dass alles prima sei und lobt Euch. Dann gibt es die Note der ersten Prüfung als Note für die zweite Prüfung. Andere Prüflinge, die gar nicht zur zweiten Prüfung angetreten sind, bekommen ebenfalls die Note der ersten Prüfung. Motiviert Euch das?

Noten können nicht fair sein

Zur aktuellen Zeit denke ich, kann keine Note wirklich fair sein. Entweder ein Kind konnte in der Homeschool nicht gut arbeiten, aus welchen Gründen auch immer. Oder ein Kind hat richtig viel gemacht, alles immer pünktlich und so gut es kann, erledigt und dann bekommt es die gleiche Note dafür wie das Kind, das Monate gar nichts gemacht hat? Jetzt kommen alle gern mit dem Argument, man lerne fürs Leben, nicht für die Schule. Wirklich? Warum gibt es dann Noten und warum sind die Noten dann sonst relevant? Abgesehen davon, ist Spielen nicht auch Lernen? Wir leben mit einem Schulsystem, das auf Noten basiert. Gut finde ich das nicht immer.

Zeugnisvergabe in NRW während Corona

Ich möchte Textzeugnisse – keine Noten

Ich wünschte, das Ministerium hätte daher dieses Schuljahr, wo ohnehin alle versetzt sind, auf Notenzeugnisse verzichtet. Stattdessen, wie es der Mittlere in der 2. Klasse bekommt, könnte man konstruktive, positive Textzeugnisse schreiben. Dem Kind schreiben, was es erreicht hat, die Leistungen hervorheben.

Natürlich werfe ich es nicht den Lehrkräften vor! Wir sind dankbar für tolle Schulen mit engagierten, wunderbaren Lehrkräften. Diese können so etwas nicht entscheiden. Das muss von der Politik kommen. Ich sehe auch die Mehrarbeit von Texten, diese hätte man aber ohne Zeugniskonferenzen und gern auch mit weniger Sätzen als die 3 DIN A 4 Seiten der Grundschule gestalten können.

Für mich wäre das die beste und fairste Lösung gewesen. Den Kindern ein schriftliches Feedback geben, motivieren und loben. Vielleicht auch einfach mal trösten und die Kinder aufbauen.

Wie seht Ihr denn Notenvergabe in der Coronazeit?

Nun endet das Schuljahr – mit Noten-Zeugnissen

*unbezahlte, unbeauftragte Werbung, eventuell Marken erkennbar, Markennennung

3 Gedanken zu „Zeugnisse zu Coronazeit – ich finde Notenvergabe unfair“

  1. Bei uns in Bayern darf im Text KEINE einzige Bemerkung zu Corona oder Engagement im HomeSchooling erwähnt werden, weder positiv noch negativ. Die Amtsjuristen fürchten, dass dann jemand in ein paar Jahren auf die Idee kommen könnte, die Noten wären verschenkt worden. Und faktisch ist das manchmal durchaus so, da wir alle versucht haben, alles zu tun um Schüler vorrücken zu lassen. Auch wenn OnlineNoten grundsätzlich nach Vorgabe nicht vergeben werden dürfen. die meisten finden dann doch irgendein Workaround und es wird sich keiner Beschweren, wenn er dadurch besser abschneidet.
    Eine Umstellung des Zeignisverfahrens in Coronazeiten finde ich persönlich aber auch schwierig, da dann wirklich eine auch normelle Vergleichbarkeit in verschiedenen Jahren nicht mehr gegeben ist. Soll dann wirklich ein Coronamalus/bonus (je nach Interpretation) ein Leben lang vorhanden sein? Vor allem, wenn es um Bewerbungszeugnisse oder Abschlusszeugnisse geht… Nach welchen Rechtsnormen soll dann ein Schulwechsel z.B in ein anderes Bundesland / eine andere Schulart erfolgen?

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