Rezensionsexemplar/unbezahlte Werbung Nun lag das ersehnte neue Buch der wunderbaren Nora Imlau „Mein Familienkompass“ (Ullstein Verlag, erschienen 2020, 22,99€) einige Wochen auf meinem Nachttisch. Mir war es wichtig, es am Stück zu lesen, um im Buch drin zu bleiben und Noras Gedanken besser folgen zu können.
Über Nora Imlau
Mir ist Nora Imlau das erste Mal wirklich bewusst in ihrem Artikel „Stillen ist Liebe, Fläschchengeben auch“ 2017 in der ZEIT aufgefallen. Ihre empathische, überlegte und positive Einstellung waren mir direkt so sympathisch. 2019 war sie dann zu Gast auf der Blogfamilia und war gemeinsam mit Katia Saalfrank Speakerin. Auch hier fiel mir wieder auf, wie reflektiert und herzlich sie kommuniziert.
Nora ist Mutter von vier Kindern und Journalistin. Inzwischen ist sie auch Bestsellerautorin, hält Vorträge und ist mit eine der einflussreichsten Erziehungsexpertinnen.
„Mein Familienkompass“
In ihrem neuen Buch „Mein Familienkompass“ schreibt Nora darüber, wie ein liebevolles Familienleben in der heutigen Welt funktionieren kann. Als allererstes fiel mir auf, dass ihr Stil sich auch hier liest, als führe man ein Gespräch mit einer guten Freundin. Auf Augenhöhe und gleichzeitig mit großer Kompetenz.
Nora beleuchtet die Hintergründe, warum sich Menschen bzw. Kinder wie verhalten und betrachtet dabei sowohl die Evolutionsbiologie als auch historische Ansprüche an Erziehung und Kinder, die sich stetig wandeln. So lebt unsere heutige Elterngeneration in einer doch anderen Welt als unsere eigenen Eltern. Dabei lässt sie auch den Einfluss von Social Media auf unser Elternbild nicht aus.
Perspektiven
Nora lädt ein, sich selbst und das eigene Verhalten zu reflektieren. Denn oft neigen wir (also ich) dazu, die Bedürfnisse nicht zu erkennen. Gemeint sind dabei übrigens die Bedürfnisse aller Familienmitglieder. Denn so wichtig die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder sind, spielt sehr oft unser eigener Umgang und unsere eigene Erfahrung eine große Rolle darin, wie wir reagieren.
Das zentrale Themen des „Familienkompass“ ist, wie es der Titel schon sagt, den eigenen Nordstern, die persönliche Wertebasis, zu finden. Nora räumt mit Mythen auf und zeigt auch anhand von persönlichen Beispielen, wie unterschiedlich Situationen und Umstände sind. Wichtig ist mir auch, wie sie auf Privilegien zu sprechen kommt, denn die eigenen Privilegien und was die alles doch stark beeinflussen, vergessen wir oft in unserem Familienalltag.
Gelungenes Familienleben
In verschiedenen Kapiteln greift Nora unterschiedliche Situationen und Problematiken auf. Manchmal gibt es Beispiele aus ihrem eigenen Familienleben. Dabei fällt mir auch auf, dass sie bei negativeren Situationen auch die Identität ihres Kinds schützt, dass der Lesende nicht erfährt, welches ihrer vier Kinder in dem Moment dieses Verhalten gezeigt hat. Offen geht sie damit um, wie sie sich dabei gefühlt hat und wie sie ihre Reaktion einordnet.
Familienleben sollte liebevoll sein. Aber so oft ist man als Eltern gestresst und Schulgefühle spielen auch eine Rolle. Das wiederum kann Situationen hoch schaukeln, weil wir Eltern auch unverarbeitete Erlebnisse oder gar Traumata haben. Dazu kommt der Druck zur Perfektion, sowohl intrinsisch als auch von Aussen. Ein wichtiges Stichwort ist da Noras berühmtes „gut genug“, das sie auch als Hashtag auf Instagram schon bekannt gemacht hat.
Bindung als Schlüssel
Immer wieder kommt Nora zu einer ihrer Kernaussagen: die Bindung ist der Schlüssel. Sie klärt über verschiedene Erziehungskonzepte und das teilweise sehr unterschiedliche Verständnis schon dieser Begrifflichkeiten wie „Erziehung“. Es läuft aber generell immer darauf hinaus, dass die Bindung das Wichtigste ist und das oft die Intention und Kommunikation da essentiell sind. Wichtiger als uns eben teilweise bewusst ist.
Das „warum“ ist so oft die Frage, wenn wir als Eltern mit einer Situation oder dem vermeintlich schwierigem Verhalten unserer Kinder konfrontiert sind. Was genau ist unser Problem? Immer wieder erkenne ich mich selbst wieder und meine Denkmuster oder meine Deutung von Begrifflichkeiten, die ich dann doch anders verstanden habe. In anderen Punkten, besonders zur eigenen Kindheit, finde ich mich nicht wieder, da meine Eltern, besonders meine Mutter für die damalige Zeit „anders“ waren.
Denkanstöße
Ich gebe zu, in manchem finde ich mich zu sehr wieder. Da bringt mit „Mein Familienkompass“ nun dazu, mich und mein Verhalten zu Reflektieren. Andere Kapitel dagegen kommen zu dem Fazit, das ich von Beginn dieses Abschnitts im Kopf hatte, weil es so in meinem Leben ist. Nora hat auch völlig Recht, dass wir, wenn wir unsere angelernten Verhaltensweisen hinterfragen müssen, oft erst mal ablehnend reagieren.
Mir gibt das Buch viele Denkanstöße. Denn, auch, wenn ich es gern anders hätte, so wirklich immer respektvoll und voller Freude und Leichtigkeit ist unser Familienleben nicht. Da gibt Nora viele Ansätze, die Perspektive zu wechseln. Was mir auch gefällt, ist, dass es Anstöße sind, keine Verhaltensregeln, keine pauschalen Aussagen. Nora sieht Familien als so individuell, wie sie wirklich sind, und gibt Tipps, wie man statt überhöhter Ideale und dem Scheitern daran, Kraft findet. Sehr wichtig sind dabei auch eigene Grenzen „boundaries“. Generell fällt mir auch immer wieder auf, dass es für einige Begrifflichkeiten passendere englische Worte gibt als im Deutschen.
Ich empfinde das Buch als große Inspiration, sich und sein Familienleben zu hinterfragen und kommunikativ, aber eben auch in der Erwartungshaltung und im Selbstverständnis andere Wege zu überlegen.
*dieses Buch habe ich vom Verlag als Rezensionsexemplar erhalten. Ich wurde nicht bezahlt und meine Meinung wurde nicht beeinflusst.