Mir war vor den Kindern nie wirklich klar, was für ein heiß diskutiertes Thema „Essen“ ist. Beziehungsweise, das Anfangen mit dem Essen. Das Wort „Beikost“ hatte ich bis zum ersten Kind noch nie gehört und ich wünschte, es wäre so geblieben. Es ist neben „Schüben“ das Wort, das mich richtig nervt. Ein neugeborenes Baby bekommt erst Mal Milch, ob nun Muttermilch beim Stillen oder der Flasche oder es bekommt wie unsere drei Kinder Pre-Milch aus der Flasche. Dass es um Stillen gradezu religiöse und teilweise feindselige Diskussionen gibt, war mir klar. Aber welcher Stress um Essen gemacht wird, das ist an mir ganz naiv vorbei gegangen.
Der erste Brei
Unsere Kinder sind 2009, 2012 und 2015 geboren. Faszinierend fand ich dabei die teilweise total abweichenden Empfehlungen. Beim Großen war alles total strikt und es gab ganz exakte Pläne. Wann man anfangen soll, daran schieden sich auch da schon die Geister. Angesagt war übrigens da Pastinake. Also habe ich sowohl Möhren als auch Pastinaken gekauft. Am Tag als er 4 Monate als war, gab es daher den ersten selbstgekochten Möhrenbrei. Der Große war semi-begeistert. Er wirkte eher irritiert als sich der Brei dann in seinem Mund befand. Wir waren da definitiv aufgeregter als er.
Als zweites habe ich Pastinake gekocht nach den da uns angegebenen 7 Tagen Möhrenbrei. Pastinake fand er widerlich. Ich übrigens auch, da ich da festgestellt habe, dass Pastinake meine in Irland verhasste „parsnip“ ist.
Immer neue Trends und Empfehlungen
Beim Großen gab es das Thema „Baby Led Weaning“ kurz BLW noch gar nicht. Bei der Variante lässt man das Baby bestimmen und bietet Essen nicht in Breiform an, sondern in weich gekochtem Gemüse etc., dass das Baby selbst isst, wenn und was es mag und nicht mit dem Löffel.
Wir haben Anfangs versucht, uns sehr genau an die damals geltenden Empfehlungen zu halten. Mit 4 Monaten parallel zur Milch, Mittags (damit ggf. Verdauungsprobleme nicht Nachts auftreten) und dass es Möhre oder Pastinake ist. Außerdem natürlich ein weicher Löffel, der den Gaumen nicht verletzt. Dazu sollten dann Kartoffeln kommen und im nächsten Schritt Fleisch. Das Fleisch sollte Bio-Rindfleisch sein. Alles selbstgekocht und feinstpüriert und mit teurem Beikost-Öl, das auf keinen Fall kaltgepresst sein sollte.
Das Baby hat eine Meinung
Unsere Kinder sahen nicht alles wie die jeweiligen Vorgaben. Der Große hasste Fleisch und gab es sofort wieder von sich (er ist bis heute kein wirklicher Fleisch-Fan). Begeistert gegessen hat er aber alles mit Nudeln drin oder Couscous. Generell hat er ziemlich schnell relativ stückig gegessen. Fleisch ging nur in gekauften Gläschen (Spaghetti Bolognese!) und Kartoffeln wurden schnell verweigert.
Getreidebrei war ein kompletter Reinfall, den hat er nie gemocht. Milch-Getreide-Obst-Brei dagegen schon. Ein Stück Brot durfte er auch recht früh.
Unser Mittlerer dagegen wollte nur feinstpüriert oder dann richtiges Essen irgendwann. Aber stückiger Brei? Keine Chance. Generell fanden der Mittlere und der Kleine mein selbstgekochtes Essen alles andere als toll. Der Kleine wollte länger gar nicht essen und blieb bei mikroskopischen Menschen. Bis wir in Irland waren und dort die Quetschies einer englischen Marke kauften. Dort war jeweils auch ein Obst mit untergemischt. Wir haben es vom Löffel gegeben und das Kind futterte begeistert. Milch trinkt er bis heute gern.
Sich über Empfehlungen informieren
Auch, wenn das Baby viel mit entscheidet, habe ich als Mama natürlich eine Verantwortung und habe mich jeweils informiert. Es gibt Dinge, die einfach schädlich sind, dazu gehört neben offensichtlichen Dingen wie Alkohol, Koffein und Zuckerzusatz auch Honig. Auch sollte man nichts überstürzen. Der Zeitpunkt, wann man mit festem Essen anfängt, ist nämlich auch kein fixer Punkt. Auch die Uhrzeit kann man sich überlegen. Es spricht wegen der Verträglichkeit (und den Auswirkungen wenn nicht) einiges für Mittags. Manche sagen, das Baby sollte richtig hungrig sein. Bei uns lief es gut nach einer kleinen Portion Milch, damit das Baby eben nicht zu hungrig ist, aber auch nicht satt.
Ich mag wie gesagt den deutschen Begriff „Beikost“ nicht, denn darauf beharren viele, dass es die feste Nahrung (daher bevorzuge ich das englische „solids“, weil es viel offener ist) nur „dabei“ gäbe. Unser Großer hat damals rasend schnell alle Mahlzeiten ersetzt, er hat immer lieber gegessen als Milch getrunken.
Den richtigen Zeitpunkt finden
Man darf frühestens mit 4 Monaten anfangen. Man „darf“, man muss gar nichts. Es gibt Anzeichen wie Interesse am Essen, das Wegfallen des Reflexes, den Löffel aus dem Mund zu schieben und selbst sitzen können. Aber auch da gibt es wieder unterschiedliche Definitionen. Als Eltern „kennt“ man sein Baby am besten. Daher auf das eigene Bauchgefühl hören und ohne Druck starten. Entweder, das Baby möchte essen oder eben nicht. Dann probiert man es in 2-4 Wochen eben wieder. Und bietet es immer mal wieder an.
Von unseren drei Kindern hat keins nach Schema gegessen. Der Große war rasend schnell, mochte aber eben weder Fleisch noch Getreidebrei. Der Mittlere ignorierte die verschiedenen Konsistenzstufen und wechselte von feinstpüriert zu normalem Essen. Und der Kleine hat sehr lange nur minimalst gegessen und mochte lieber seine Milch.
Wenn ein Kind mit über 8 Monaten immer noch keine Anzeichen sendet, würde ich das mal bei unserem Kinderarzt ansprechen, denn es gibt auch manchmal organische Gründe.
Nicht so viele Sorgen übers Essen machen
Generell plädiere ich dafür, sich nicht direkt zuviele Sorgen zu machen und vor allem nicht zu vergleichen. Essen sollte Anfangs vor allem dem Baby Spaß machen. Dass es sättigt und eventuell irgendwann Milch ersetzt, kommt irgendwann.
Natürlich gibt es Kinder, die nicht essen können oder die eine Erkrankung haben. Das trifft aber auf die geringere Anzahl zu und bevor es dafür deutliche Anzeichen gibt, erst mal keinen Stress.
Ich habe leider auch Eltern erlebt, die Essen zu einem Stressthema und Wettbewerb erhoben haben. Da wurde dann dem Baby mit Gewalt der Löffel in den Mund gedrückt. Eine Mutter in einem Kurs war panisch, da ihr Baby wenig esse und am Vortag „38g Brei“ gegessen habe. Bei keinem Kind habe ich jemals den Brei abgewogen. Es ging nach Gefühl. Manche Babys essen eher, andere später und drängen tut keinem gut. Es ist ein Stress, den wir Eltern uns schnell einreden lassen.
Ein individueller Weg beim Essen
Die Frage ist immer, was zu einem als Familie passt. Oft stellt man das aber auch erst fest, wenn man eigene Erfahrungen gesammelt hat. Der Große hat seinen ersten Brei in einer Wippe (mit Handtüchern abgedeckt) gegessen. Später gab es diese praktischen Aufsätze für den Hochstuhl, andere füttern das Baby lieber auf dem Schoß oder das Baby isst selbst.
Ich bin da eher die entspanntere Mutter. Unsere Kinder durften relativ früh auch mal was vom Kuchen oder etwas Eis. Da muss man seinen eigenen Weg finden, empfohlen ist es nicht. Unser Großer hat damals auch einfach Fakten geschaffen und stürzte sich kopfüber auf Papas Nutellabrötchen.
Wir haben drei Kinder und auch heute essen sie unterschiedlich. Der Mittlere mochte jahrelang kein Obst oder Gemüse, dafür Käse und Fleisch. Inzwischen isst er häufiger als seine Brüder bei unserem Essen mit. Unser Kleiner trinkt immer noch gern Abends Milch, der Große und er lieben Obst. Angenehm ist auch, dass unser Kinderarzt beim Thema Essen sehr entspannt ist, das haben wir in der Praxis vor dem Umzug anders erlebt. Da war Thema, dass der Große meistens vegetarisch isst.
Auf den Bauch hören
Oder in diesem Fall auf zwei Bäuche hören: nämlich auf das eigene Bauchgefühl und auf die Reaktion des Babys. Wichtig finde ich trotzdem, sich die Empfehlungen durch zu lesen und bei Verunsicherung auch mit Fachleuten sprechen oder offizielle Internetseiten aufrufen. Meine eigene Empfehlung ist, wenn das Gegenüber Druck ausübt und eine endlose Fehlerliste aufzählt, noch eine Meinung einholen.
Im Babykurs mit dem Kleinen gab es eine endlose Liste an „verbotenen“ Lebensmitteln. Einige davon waren einleuchtend, aber teilweise war es mehr als extrem und deckte sich nicht mit Empfehlungen der Hebamme oder was ich auf Internetseiten gelesen habe. Leider liessen sich davon einige Mamas noch mals verunsichern.
Essen sollte immer ohne Zwang sein. (Auch Aufessen muss hier absolut keiner).
Unsere Kinder haben völlig unterschiedliche Geschmäcker entwickelt, einig sind sie sich im Endeffekt bei zwei Dingen: Pizza und Eis.
Wie ist das bei Euch? War es ein Stress-Thema oder steht Euch der Essensstart noch bevor?
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