Werbung ohne Auftrag Eigentlich stimmt die Überschrift in diesem Fall nicht wirklich. Denn eine „Eingewöhnung“ hatte er nicht so in der klassischen Form. Unser Kleinster wird bald 3, unser Kindergarten nimmt Kinder ab 3 bzw. die dann in dem Kalenderjahr 3 werden, U3 bieten sie nicht an. Da er Geschwisterkind ist, mussten wir uns glücklicherweise keine Sorgen machen, dass er genommen wird. Wie alle Eltern kennen wir das Zittern um „den“ Kindergartenplatz auch, beim Großen haben wir wegen des Umzugs das Spiel zweimal erlebt. Viele Anmeldungen und viele Absagen bzw. heute gibt es auch keine Absagen mehr, da die Kindergärten diesen organisatorischen Aufwand nicht betreiben können.
Unser geliebter Kindergarten
Ich kann nur sagen, ich liebe unseren Kindergarten. Das Gebäude selbst ist nicht spektakulär oder modern, im Gegenteil. Er sieht aus wie auch mein Kindergarten in den 80er Jahren. Was den Kindergarten ausmacht, sind aber die Menschen. Bei unseren Erzieherinnen merkt man, dass es kein Job ist, sondern eine Berufung. Alle gehen respektvoll und offen miteinander um und es ist so eine positive und warme Stimmung. Die Erzieherinnen sind mit so einer Liebe dabei und gehen mit den Kindern auf Augenhöhe. Offiziell ist es ein Bewegungskindergarten, der mit Reggio-Pädagogik arbeitet. Auf dem Papier ist der Erzieherschlüssel nicht gut, aber erstens kommen immer Praktikantinnen dazu und zweitens weiß ich nicht, wie sie das schaffen, aber sie gehen auf jedes Kind ein, schenken jedem Kind Aufmerksamkeit und machen eine wahnsinnig tolle Arbeit. Unsere Kinder gehen alle sehr gern dort hin. So war für uns klar, dass auch der Mittlere und der Kleine genau dort hin gehen, obwohl wir da auch einen näheren Kindergarten hätten nehmen können.
Die Planung der Eingewöhnung
Der Kleine ist sozusagen seit Geburt dabei, zu der Zeit ging der Mittlere schon in den KiGa. Jeden Mittag zum Abholen und manchmal Morgens beim Bringen war der Kleine im KiGa. Er kennt die Erzieherinnen und das Gebäude und eben auch viele der Kinder. Der Mittlere ist nun in der Schule, aber zwei seiner besten Freunde gehen weiter in den Kindergarten.
Im Frühsommer hatten wir ein Gespräch mit der Leitung, wo sie auch auf den Kindergartenstart des Kleinen zu sprechen kam, dass sie überlegt hätten, um alles zu entzerren, die Eingewöhnung der Geschwisterkinder tageweise vor den Ferien zu machen. So kämen sie nicht mit allen Neuen nach der Schließzeit im Sommer gleichzeitig in den Kindergarten. Allerdings habe ihr die Erzieherin der Gruppe gesagt, der Kleine brauche gar keine Eingewöhnung, er sei schon eingewöhnt.
Unser KiGa hat regelmäßig ein Elterncafé, auf Nachfrage und wenn es passt, durften dann die kleinen Geschwister in der Gruppe spielen (als Eltern befindet man sich in einem anderen Raum im Gebäude, ist also anwesend). Wenn das Kind unglücklich war, wurde es natürlich sofort gebracht. Die letzten Male habe ich den Kleinen kaum mehr gesehen und nur unter Protest mitnehmen können, so dass er auch mal länger bleiben durfte. Auch, wenn Elternarbeit statt fand, wie Hof fegen, Ernten, Gartenarbeit, hat der Kleine schon mitspielen dürfen und fand es toll. Aber da war ich natürlich immer auch dort.
Start der Eingewöhnung
So durfte der Kleine dann in Absprache einige einzelne Tage in den Kindergarten gehen, zusammen mit dem Mittleren. Es lief wie normale Kindergartentage ab, wir haben die beiden gebracht und sie verabschiedeten sich und gingen spielen. Mittags haben wir sie dann beide wieder abgeholt. Natürlich wären wir angerufen worden, wenn etwas gewesen wäre. Ich kenne unseren Kindergarten nun schon lange und gut und weiß zu 100%, dass sie wirklich anrufen. Zusätzlich hat natürlich der Mittlere erzählt, wie der Tag war. Der Kleine orientierte sich nur ein bißchen an seinem großen Bruder und spielte selig. Wir hatten eher Dramen an allen anderen Tagen, weil er nun der Meinung war, er sei Kindergartenkind und hingehen wollte.
Sommerferien – neue Eingewöhnung?
Dann kamen die Sommerferien und unsere Reisen, wie auch Sommer 2017 waren wir viel unterwegs, in der Niederlande, in Berlin und dann noch in England. Daher hatte der Kleine eine deutlich längere Pause seit er zuletzt im Juni dort war. Am Tag nach der Einschulung des Mittleren hatte er also seinen ersten Tag. Er verschwand schneller in der Gruppe als man „Tschüß“ sagen konnte und hatte einen tollen Tag. Mittags war er glücklich und sehr müde. So kam es zu 3 Stunden Mittagsschlaf.
Leider erwischte ihn dann ein fetter Schnupfen, so dass er einige Tage verpasst hat, er protestierte jeden Morgen laut. Als er wieder gehen durfte, lief es weiter wie bisher, er steht früh auf und fragt, wann er endlich gebracht wird, setzt seinen Rucksack auf und freut sich. Er geht noch nicht über Mittag, dafür braucht er seinen Mittagsschlaf zu sehr, wir holen vor dem Mittagessen ab. Die Erzieherinnen berichten meistens kurz über seinen Tag aus ihrer Sicht, er erzählt auch, was er gemacht hat und bringt Schuhe voller Sand mit nach Hause und redet hier von seiner neuen Freundin. Eine Erzieherin meinte auch, sie hätten nach den ersten zwei grandiosen Tagen auch damit gerechnet, dass es mal nicht gut läuft, aber bisher liebt er Kindergarten über alles. Anders als seine Brüdern freut er sich Mittags aber auch (noch?) sichtlich, mich zu sehen und geht sofort mit (den Mittleren durfte man auf dem Gelände suchen und dann jagen).
Verschiedene Eingewöhnungskonzepte
In den Medien, unter Eltern und im Internet wird „Eingewöhnung“ viel diskutiert. In meiner Kindheit gab es im Prinzip keine, man wurde in den KiGa gebracht, ob man wollte oder nicht. Ich erinnere mich an meine Freundin, die sehr viel weinte. Das ist zum Glück heute anders. Es gibt verschiedene Modelle und Konzepte zur Eingewöhnung. Allerdings habe ich manchmal den Eindruck, dass die teilweise extrem ernst genommen werden und Anhänger eines Konzepts alle anderen Ideen ganz schlimm und falsch finden.
Besonders bekannt ist das „Berliner Modell“, wo die tägliche Anwesenheitszeit erhöht wird und erst später eine Trennung von den Eltern statt findet. Besonders bei sehr kleinen Kindern kann ich mir das sehr gut vorstellen. Aber das Modell passt eben nicht immer. Auch unser Mittlerer ging ab dem ersten KiGa-Tag auf eigenen Wunsch bis Mittags. Ich kenne unsere Erzieherinnen und vertraue ihnen blind und habe selbst auch schon erlebt, dass sogar Morgens vor 9 eine Mama angerufen wurde, dass das Kind bitte jetzt abgeholt werde, weil es unglücklich sei. Bei uns liefen alle Kindergartenstarts ohne Tränen.
Wie schon gesagt, werden die Kinder mit Respekt und sehr liebevoll behandelt. So wird eben auch individuell auf die Bedürfnisse des Kinds eingegangen. Im ersten KiGa des Großen wurde uns das „Berliner Modell“ angekündigt, es hat aber nie so statt gefunden. Im Gegenteil, am ersten Tag wurde der Papa weggeschickt, am dritten Tag der Eingewöhnung wurde ihm die Windel abgenommen, gegen unseren ausdrücklichen Wunsch. Ganz anders läuft es jetzt. Wir wissen unser Kind gut und sicher aufgehoben und aus seinen Erzählungen erfahren wir, dass er sich wohl fühlt.
Wenn die Eingewöhnung floppt
Viele Eltern stehen zum Kindergartenstart unter massivem Druck. Meistens steht der Start im Job dicht vor der Tür, das Kind „muss“ also in den Kindergarten gehen. Gleichzeitig wünschen sich natürlich alle Eltern, dass ihr Kind glücklich ist und nicht leidet. Außerdem kommt der Faktor dazu, dass das Los lassen schwer fällt. Denn nun bekommt man einen großen Teil des Alltags nicht mehr mit, das Kind hat etwas ganz eigenes. Oder wie die Erzieherin beim Kindergartenstart des Mittleren sagte, als ich fragte, wann ich abholen solle „um halb 1? Wenn Sie es aushalten?“ (das mit einem Lächeln, das war einfühlsam gemeint und auch so kommuniziert).
Manchmal läuft es eben nicht so, wie man es gedacht hat. Kinder sind unterschiedlich und manche freuen sich auf den Kindergarten, anderen macht es Angst. Bei unseren kleineren beiden war eben der Vorteil, dass ihnen der Kindergarten seit Jahren vertraut war, nichts war fremd und neu. Aber auch da kann es Einbrüche geben. Manche Eltern fürchten, sie hätten etwas falsch gemacht, wenn das Kind nicht fröhlich im Kindergarten startet. Dabei ist das ganz natürlich und normal. Gebt Euch und dem Kind Zeit. Natürlich ist es schwer, den Druck raus zu nehmen, aber es gibt in Absprache immer Lösungen. Manchmal hilft es, wenn der andere Elternteil übernimmt. Oder man kommt Morgens ganz früh, wenn es noch deutlich ruhiger ist. Wenn Eltern nicht los lassen möchten, überträgt es sich auch, genauso wie der Druck (den man eben leider nicht immer raus nehmen kann). Geduld ist da dann nötig. Auf allen Seiten.
Bindung
Beim Mittleren sprach mich die damalige Leitung an, dass sie überrascht sei, wie leicht der Mittlere im Kindergarten angekommen sei, er sei so eng an mich gebunden, dass sie vermutet habe, dass es schwer falle. Ich denke, er ist genau deshalb gut angekommen, weil er uns vertraut. Wie der Große einmal als Kleinkind sagte „Mama und Papa immer wieder komme!“. Er konnte los lassen, weil er wusste, ich komme wieder. Außerdem war er eben schon 3 Jahre alt, viele Kinder gehen früher in den Kindergarten. Das heisst nicht im Umkehrschluss, dass Kinder, die nicht los lassen können, schlecht gebunden oder dass alle Kinder, die leicht los lassen, gut gebunden seien. Aber „Bindung“ zeigt sich individuell. Dazu kommt aus meiner Erfahrung im Umfeld eben auch das Alter und die Persönlichkeit des Kinds.
Wichtig finde ich, dass ein Kindergarten, soweit es irgendwie möglich ist, auf die individuelle Situation ein geht und dass das Wohl des Kindes höchste Priorität hat. Eine neue Bindung zu den Erzieherinnen aufzubauen, braucht eben auch seine Zeit. Es dauert, bis sie Bezugspersonen sind, die auch Trost und Sicherheit geben können. Das ist ein Prozess, der eben im Fall unserer Geschwisterkinder schon langsam vorher über Jahre beginnen konnte.
Wie sind Eure Erfahrungen? Ist bei Euch ein Kind im Kindergarten gestartet und wie lief es ab?