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Die Nerven liegen blank? Aggressivität auf Social Media (Coronatagebuch)

Vielleicht merke ich es grade nur mehr, weil ich selbst empfindlicher bin. Vielleicht war es immer schon so. Aber aktuell frage ich mich, ob es an komplett blank liegenden Nerven liegt, dass auf Social Media so eine Aggression herrscht. Beinahe jedes Thema eskaliert gefühlt und Menschen greifen sich gegenseitig persönlich an, Beleidigungen fliegen.

LehrerInnen und Schule

Ich dachte eigentlich, ich bin immer recht deutlich, dass ich dieses gefühlt angesagte Lehrerbashing blöd finde. In meinen Beiträgen und Kommentaren äussere ich oft die Dankbarkeit für die tollen Lehrkräfte, die meine Kinder zur Zeit haben. Denn, dass Homeschool hier kein Stressfaktor ist, liegt zu einem großen Anteil an der gründlichen Vorbereitung. Auch sonst sind wir mit „Schule“ nun zufrieden, der Mittlere geht wahnsinnig gern zur Schule. Der Große hasste die Grundschule (und wir verstehen warum) und geht seit dem Gymnasium richtig gern zur Schule. Neulich habe ich bei einem Artikel eines Magazins, in dem Lehrer angegriffen wurden, kommentiert. Dass wir grade so dankbar für tolle LehrerInnen seien und dass doch wohl diese „faulen“ Lehrkräfte die Ausnahme seien und sehr selten. Daraufhin wurde ich angegriffen, ich könne das doch wohl gar nicht beurteilen, es gäbe KEINE (gar keine!) „faulen“ Lehrer. Niemals, nie und wie doof und unverschämt ich sei. Das ging immer so weiter. Denjenigen, die dem Beitrag zustimmten und auf „den Lehrern“ rumhackten, wurde nichts gesagt.

Homeschool

Bei uns läuft die Schule Zuhause ziemlich glatt. Natürlich ist es Arbeit und kostet Zeit. Da kommt dann gern der Vorwurf, man würde nicht arbeiten oder ich würde sagen, dass das bei allen so zu laufen habe. Was ich gar nicht mache. Mir ist völlig bewusst, dass wir da eine recht privilegierte Ausgangsposition haben. Seit Wochen sage ich daher auch, dass es eine gute und sinnvolle (Not)betreuung braucht, weil nicht alle Eltern Homeschool leisten können (oder wollen). Die Doppelbelastung ist für viele nicht zu bewältigen und auch nicht wenigen Eltern fehlen beispielsweise Sprachkenntnisse. Ich war und bin gegen überstürzte Öffnungen der Schulen mit Schulpflicht. Das wird verdreht in „wenn Dich Deine Kinder Zuhause nicht stören, andere Eltern sind am Limit“. Zusätzlich wird es noch gedreht in „wenn Euch die Coronakrise nichts aus macht, schön für Euch“. Dabei ist die Coronakrise auch für uns ganz großer Mist. Nur eben nicht wegen der Kinderbetreuung oder Schule, da freuen wir uns auch über Flexibilität und Freiheit..

Homeschool gibt uns auch die Flexibilität Werktags Mittags raus zu gehen

Rechnungen schreiben

Mein persönliches Highlight ist da grade die Diskussion um die Aktion, dass Eltern Rechnungen schreiben. Ich nutze da den Hashtag absichtlich nicht. Zunächst schlug den Autorinnen ein absolut widerlicher Shitstorm entgegen. Inhaltliche Kritik? Fehlanzeige. Stattdessen wurden sie persönlich beleidigt und bedroht, mangelnde Liebe zu ihren Kindern unterstellt und es gab massiven Hass. Das ist unter aller Sau und ist keinerlei Grundlage für einen Diskurs. Niemand liebt ihre Kinder weniger, weil sie wegen der momentanen Lage unzufrieden ist oder absolut am Limit.

Ich habe es aber gewagt, die Aktion nicht komplett zu feiern, sondern differenziert zu sagen, was ich gut finde und was mir eher Bauchschmerzen bereitet. Mir geht es um zwei Punkte:

  • ich finde die Rechnungen so hoch und gradezu absurd, so dass es vermutlich keine ernstzunehmende Diskussionsgrundlage gibt. Eltern sind meistens keine ausgebildeten LehrerInnen, veranschlagen aber das Geld und Summen wie 500€ Kopiergeld. Das gibt Kritikern Munition.
  • ich befürchte, dass die Politik diese Aktion (absichtlich) missversteht und es dazu führt, dass Schulen und KiGas unkontrolliert geöffnet werden und das wie in NRW mit Schulpflicht.

Inhaltliche Kritik = böse

Daraufhin wurde ich von denjenigen, die vorher laut die Misogynie (zu Recht!) angeprangert haben, angegriffen. Es begann mit „du hast es nicht verstanden“ bis hin zu „wie doof kann man sein“, mir wurde unterstellt, dass ich politisch nie aktiv sei, keine Kinder hätte etc.. Dass ich nachvollziehen kann, wieso die Autorinnen diese Summen gesetzt haben, aber es wage, es trotzdem kein adäquates Stilmittel in dieser Situation zu finden? Egal! Hauptsache, ich bin dumm.

Dann wurde mir netterweise noch erklärt, dass die Autorinnen nie gefordert hätten, jetzt unkontrolliert die Schulen und KiGas zu öffnen. Ach? Meine Aussagen, dass ich befürchte, die Politik wird es absichtlich missverstehen und dass es dazu führen könnte, heissen also, dass ich behaupte, dass sie es fordern?

Auch, dass ich Lösungen vermisse und wir eben diese blöde Pandemie am Hals haben? Egal. Hauptsache, ich werde beleidigt und ich werde in einen Topf geworfen mit den Leuten, die unsachlich und persönlich beleidigen. Es waren übrigens nicht die Autorinnen, wobei die da auch nicht eingegriffen haben bzw. nicht zu dem Zeitpunkt, wo ich diejenigen, die mich beleidigten geblockt und Threads und Hashtag gemutet habe.

Unser KiTa-Kind hat das Glück, dass es Geschwister hat

Jetzt gehts um KiTa-Kinder

Neues Aufregerthema bei Twitter sind nun (angebliche) ErzieherInnen, die die Notbetreuung kritisieren, auf die Gefahr für sich hinweisen und auch Eltern pauschal angreifen. Darüber regen sich nun einige Eltern auf, die es persönlich nehmen, und greifen ihrerseits die Erzieherinnen an. Dass ich meinte, man müsse sich den nicht passenden Schuh nicht anziehen und wenn das die Meinung dieser Person sei, sei es eben ihre Meinung, wird teilweise so gedreht, dass ich den Aussagen zustimmen würde.

Ich verstehe grundsätzlich, dass Eltern, die die Betreuung brauchen und deren Kinder öfter dort sind, sich angegriffen fühlen. Aber nun rechtfertigen sie sich. Dabei weiß keiner, ob dies Erzieherinnen sind und man hat mit diesen Personen selbst nichts zu tun. Wie sollen die etwas beurteilen? Leider habe ich aber im wahren Leben schon Eltern kennengelernt, bei denen ich mich ernsthaft gefragt habe, warum die Kinder bekommen haben. Selten, aber es gibt auch Eltern, die wirklich keine Lust haben, sich mit ihren Kindern zu beschäftigen. In dem Fall finde ich es aber umso besser, wenn die Kinder viel in Betreuung sind, wo sie nämlich erwünscht sind. Aber niemand sollte sich irgendwie „schuldig“ fühlen, weil das Kind irgendwo in Betreuung geht.

Wir kennen uns alle nicht

Ich finde dieses dauerhafte Urteilen und Beurteilen von Menschen, die man irgendwas zwischen gar nicht und minimal aus Social Media kennt, richtig ätzend. Soziale Medien sind nicht das wahre Leben, man kennt bestenfalls Auszüge dieses Lebens. Auch bei mir meinen Leute gern, dass sie uns und unsere Beweggründe wirklich kennen und wie wir leben. Weil ich eben über manche Dinge blogge.

Wir wandern

Nahezu amüsant war, als klar wurde, dass der Mittlere zunächst nicht in den Präsenzunterricht zurückkehren wird, weil ich Diabetikerin bin. Da wurde dauernd gefragt, ob er nicht leide, weil ich es „verbiete“. Dass Entscheidungsfindung in unserer Familie anders abläuft, habe ich hier verbloggt. Der Große hat noch keinen Präsenzunterricht, überlegt aber, was er möchte. Jetzt wird mir vorgeworfen, wir könnten ihm doch nicht „erlauben“, dass er das maßgeblich entscheide. Was denn nun? Bin ich die autoritäre Mutter oder die, der alles egal ist? Interessanterweise bekomme ich die Vorwürfe, nicht der Hausherr.

Der Wunsch nach Solidarität

Ich wünsche mir, dass wir Eltern einfach ein bißchen solidarischer wären. Besonders zur jetzigen Zeit. Das bedeutet nicht, dass man jede Aktion unkritisch feiern muss. Sachliche und konstruktive Kritik sollte erlaubt sein. Persönliche Angriffe natürlich niemals. Aber auch ich finde die Grundidee der Kampagne wirklich sinnvoll und wichtig. Familien sind Leidtragende dieser Krise und werden kaum wahr genommen. Es gibt für viele Berufsgruppen irgendwelche Unterstützung und Gelder, die Autoindustrie soll Geld bekommen, Eltern nicht? Wir sind keine fertig studierten, erfahrenen Lehrkräfte. Die grundsätzliche Forderung, dass es einen finanziellen Ausgleich gibt und besonders auch der Verdienstausfall ersetzt wird, der wegen der Schulschließungen anfällt, finde ich eine absolut richtige Forderung! Die Initiatorinnen haben da grundsätzlich recht.

Wichtige Forderungen für Eltern

Ich bin auch schon länger für ein Corona-Elterngeld, einen Ausbau der Betreuung, dass LehrerInnen und ErzieherInnen entscheiden können, wer Anspruch auf „Notbetreuung“ hat, dass Kindern aus prekären Verhältnissen sofort geholfen wird und natürlich dafür, dass Verdienstausfall von Eltern wegen der des Wegfallens der Betreuung ihrer Kinder kompensiert wird! Das habe ich auch schon öfter geschrieben.

Sommer genießen – bei all den Sorgen und Problemen

Für Steuerentlastungen für Familien bin ich ohnehin immer schon. Damit die Kinder von Eltern, die es brauchen, betreut werden können, sollte die Präsenzpflicht wegfallen. So wären nur die Kinder in den Schulen, deren Familie es nur so lösen kann. Mir persönlich sind aktuell die Hygienekonzepte zu niedrig gefasst. Studien legen nahe, dass die Viren sich auch einfach über Sprechen verbreiten, so wäre dauerhaft Mundschutz nötig. Es darf auch nicht sein, dass bei allen (für mich zu früh und überstürzten) Lockerungen Kinder auf der Strecke bleiben. Es braucht Lösungen für Familien mit KiTa-Kindern. Kleine Gruppen, angemessene Bezahlung für das Personal und vielleicht jetzt zum Sommer, eher Waldgruppen? Die Ansteckungsgefahr ist draussen geringer.

Was auch nicht sein darf, auch, wenn ich es im Umfeld anders erlebe, dass die Mütter die hauptsächlich Leidtragenden sind. Auch da unterstütze ich die Kampagne! Daher, auch, wenn ich einige Punkte kritisch sehe, bin ich nicht „gegen“ die Aktion, nur gegen manche Stilmittel und wie es ausgelegt werden kann.

Können wir vielleicht alle einfach mal lesen, was jemand schreibt und nicht wild interpretieren? Man muss nicht alles kritiklos hinnehmen, aber vielleicht wäre es möglich, nicht direkt persönlich beleidigend zu werden? Und „inhaltliche Kritik“ ist etwas anderes als ein „Shitstorm“

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